09. Nov 2018
Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers haben Anspruch auf finanzielle Abgeltung des nicht genommenen Urlaubs
In verschiedenen Verfahren forderten die Ehefrauen als Erben eine finanzielle Entschädigung für bezahlten Jahresurlaub. Diesen hatten die verstorbenen Ehemänner nicht mehr nehmen können. Die Ehefrauen nahmen die früheren Arbeitgeber in Anspruch. Die erste Instanz gab den Klagen statt, ebenso die Landesarbeitsgerichte. Im Revisionsverfahren rief das BAG den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren an und bat um Auslegung des EU-Rechts zum Urlaubsanspruch, wonach jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen erhält und dieser Anspruch außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden darf.
Im Jahr 2014 hatte der EuGH bereits entschieden, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub nicht mit seinem Tod untergeht. Nach nationalem Recht werde jedoch ein solcher Anspruch nicht Teil der Erbmasse (§ 7 Abs. 4 BurlG i. V. m. § 1922 Abs. 1 BGB). Außerdem könne der mit dem Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub verfolgte Zweck, dem Arbeitnehmer Erholung zu ermöglichen und einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zur Verfügung zu stellen, nach dem Tod des Arbeitnehmers nicht mehr verwirklicht werden.
EuGH: Erben haben Anspruch auf finanzielle Vergütung
Der EuGH (Urteile vom 06.11.2018 - C-569/16; C-570/16) entschied nunmehr, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub nicht mit seinem Tod untergeht. Zudem ist ein Anspruch der Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers auf eine finanzielle Vergütung für den von ihm nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub gegeben. Eine unmittelbare Berufung der Erben auf Unionsrecht gegenüber einem öffentlichen oder einem privaten Arbeitgeber ist möglich.
Zwar sei die Entspannungs- und Erholungszeit natürlich nicht mehr wahrnehmbar, jedoch sei der zeitliche Aspekt nur eine der beiden Komponenten des Rechts auf bezahlten Jahresurlaub. Umfasst seien auch ein Anspruch auf Bezahlung im Urlaub und der Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Jahresurlaub. Diese finanzielle Komponente ist rein vermögensrechtlicher Natur und daher dem Vermögen des Arbeitsnehmers zuzuordnen. Dadurch könne dieser auch im Wege der Erbfolge auf Erben übergehen.
Mit mehreren Urteilen hat der EuGH die Arbeitnehmerrechte gestärkt. Der Umgang mit Urlaub und Urlaubsgewährung wird bei Arbeitgebern zu einem Umdenken führen müssen. Ob dennoch vertragliche Gestaltungen möglich sind, die rechtssicher einen angemessenen Ausgleich schaffen, bleibt zu beobachten.
Thomas Hesz, RA/StB, 09.11.2018