Umsatzbesteuerung von Aufsichtsratsmitgliedern – BMF vom 08.07.2021 ändert die Praxis

27. Sep 2021

Umsatzbesteuerung von Aufsichtsratsmitgliedern – BMF vom 08.07.2021 ändert die Praxis

Lange Zeit ging das BMF davon aus, dass ein Mitglied eines Aufsichtsrats seine Tätigkeit selbständig ausübt (Abschn. 2.2 Abs. 2 S. 7 UStAE). Mit Urteilen des EuGH (Urt. v. 13.06.2019) und des BFH (Urt. v. 27.09.2019) wurde dieser Ansicht widersprochen, wenn das Aufsichtsratsmitglied für seine Tätigkeit eine Festvergütung erhält und damit kein Vergütungsrisiko trägt. Hiernach handelt ein Aufsichtsratsmitglied nicht selbständig.

Mit BMF-Schreiben vom 08.07.2021 wurde diese Rechtsprechung im UStAE umgesetzt, mit der Maßgabe, dass klarstellend ein Aufsichtsratsmitglied nicht selbständig tätig ist, wenn es aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko trägt.
Eine solche Festvergütung - als Geldzahlung oder Sachzuwendung - liegt insbesondere dann vor, wenn das Aufsichtsratsmitglied eine pauschale Aufwandsentschädigung für die Dauer seiner Mitgliedschaft im Aufsichtsrat erhält. Etwaige Sitzungsgelder, die das Aufsichtsratsmitglied nur für die tatsächliche Anwesenheit an Sitzungen erhält, oder Aufwandsentschädigungen, die sich nach dem tatsächlichen Aufwand bemessen, sind keine Festvergütungen.
Bei sog. Mischvergütungen, also Vergütungen, die sich teilweise aus festen als auch aus variablen Bestandteilen zusammensetzen, ist das prozentuale Gewicht der variablen Vergütung maßgebend: Beträgt der variable Anteil im Kalenderjahr mindestens 10 % der gesamten Vergütung (einschließlich Aufwandsentschädigungen), ist das Aufsichtsratsmitglied grundsätzlich selbständig tätig. Ausnahmen sind allerdings möglich. Reisekostenerstattungen gehören nicht zu den Vergütungen und bleiben auch bei der Berechnung der 10%-Grenze außer Betracht.
Wichtig ist, dass alle Kriterien für jedes einzelne Mandat eines Aufsichtsrats separat zu prüfen sind und damit auch unterschiedlich behandelt werden können.

Das Aufsichtsratsmitglied wird auch dadurch nicht selbständig, dass es für pflichtwidriges Verhalten haftet (§ 116 AktG) oder die Vergütung nachträglich für mehrere Jahre ausgezahlt wird. Ähnliches gilt auch für Beamte und andere Bedienstete, die einer teilweisen Abführungspflicht der Vergütung unterliegen.
Die neuen Regelungen gelten auch für Mitglieder von Ausschüssen, die der Aufsichtsrat nach § 107 AktG bestellt sowie für Mitglieder anderer Gremien, die der Kontrolle der Geschäftsführung dienen.

Anwendbar sind diese Regelungen ab sofort in allen offenen Fällen. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn die Leistungen der Aufsichtsratsmitglieder bis 31.12.2021 noch nach den bisherigen Regelungen des UStAE beurteilt werden.

Ab dem 01.01.2022 müssen demnach die Vergütungen für Aufsichtsratsmitglieder neu bewertet werden. So ist auch der Leistungsempfänger im Auge zu behalten, ob ein Vorsteuerabzug besteht oder nicht. Auch der Erklärungsaufwand für den einzelnen Aufsichtsrat mag bei der Beurteilung den Ausschlag geben. Die Wertgrenze von 10 % variabler Vergütung zur Fixvergütung kann daher ggf. zur Gestaltung der (Nicht-)Selbständigkeit herangezogen werden.


RA / StB Thomas Hesz


Stand: 27.09.2021
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