Müssen Läden bei Corona bedingter behördlicher Betriebsschließung Miete zahlen?

27. Jan 2022

Müssen Läden bei Corona bedingter behördlicher
Betriebsschließung Miete zahlen?

Im Frühjahr und im Herbst 2020 mussten im Zuge der Corona bedingten Lockdowns viele Geschäfte staatlich angeordnet schließen. Das war mit zum Teil erheblichen Umsatzeinbußen verbunden. Doch berechtigt dieser Umstand einen Gewerbemieter oder Pächter dazu, weniger Miete zu zahlen? Und wenn ja: wie viel weniger?
Dieser Sachverhalt wurde seit Beginn der Corona-Pandemie von verschiedenen Gerichten unterschiedlich beurteilt. Jetzt hat der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil v. 12.1.2022 - XII ZR 8/21) mit einem lange erwarteten Urteil eine Entscheidung getroffen. Grundsätzlich ist bei einer behördlich angeordneten Geschäftsschließung während der Corona-Pandemie der Gewerbemieter nicht zu einer pauschalen Kürzung der Miete berechtigt ist. Es kommt wie so oft auf die Einzelfallumstände an.
Eine aufgrund der Corona-Pandemie angeordnete vorübergehende Schließung stellt keinen Mangel der gemieteten Räumlichkeiten im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, so der BGH in seiner Entscheidung. Eine „klassische“ Mietminderung kommt daher nicht in Betracht.
Allerdings kann dem von der Corona bedingten Schließung betroffenen Mieter grundsätzlich ein Anspruch auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB zustehen.
Ob ein solcher Anspruch auf Anpassung der Miete tatsächlich besteht und um wie viel die Miete zu reduzieren ist, ist in jedem konkreten Einzelfall anhand der jeweiligen Umstände zu beurteilen. Einer pauschalen Lösung, etwa im Sinne einer „50:50“-Teilung zwischen Vermieter und Mieter, erteilt der BGH eine Absage.
Für die Frage, ob und um wie viel die Miete zu reduzieren ist, sind folgende Faktoren von Bedeutung:

- Nachteile, die dem Mieter durch die Schließung bezogen auf das konkrete Mietobjekt entstanden sind

- Tatsächlich ergriffene oder mögliche Maßnahmen des Mieters, um die drohenden Verluste zu vermeiden

- Staatlich erhaltene Leistungen zum Ausgleich pandemiebedingter Nachteile

- Leistungen der Betriebsversicherung


Eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ist nicht erforderlich. Zudem sind bei der Abwägung auch die Interessen des Vermieters zu berücksichtigen.
Die neue BGH-Rechtsprechung gibt eine Orientierung für alle bei den Zivilgerichten anhängigen Verfahren. Für neue Gewerbemietverträge können Parteien Risikover-teilungsregeln für den Fall einer erneuten pandemiebedingten hoheitlichen Schließung des Geschäftslokals treffen.

StB Harry Wolfram




Stand: 27.01.2022
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