Eckpunkte zum neuen Statusfeststellungsverfahren ab 01.04.2022

09. Feb 2022

Eckpunkte zum neuen Statusfeststellungsverfahren ab 01.04.2022

Im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist das sozialversicherungsrechtliche optionale Statusfeststellungsverfahren weitreichend reformiert worden. Mit dem neuen Verfahren will der Gesetzgeber Bürokratie abbauen. Zum 01.04.2022 treten wesentliche Änderungen des Statusfeststellungsverfahrens in Kraft.


1. Künftig nur noch Entscheidung über den Erwerbsstatus

Bisher konnte in den Verfahren nach § 7a SGB IV nicht über das Vorliegen einer Beschäftigung isoliert entschieden werden. Die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund musste immer auch über die Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit in den einzelnen Sozialversicherungszweigen entscheiden.

Ab 01.04.2022 entscheidet die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund nur noch über den Erwerbsstatus. Anders als bisher entscheidet die Clearingstelle nicht mehr über die Versicherungspflicht und Versicherungsfreiheit in den einzelnen Sozialversicherungszweigen.


2. Keine Feststellung der Versicherungspflicht mehr

Sofern eine abhängige Beschäftigung künftig festgestellt wird, bedarf es nicht mehr der Feststellung der Versicherungspflicht durch die Clearingstelle. Vielmehr hat der Arbeitgeber – wie sonst bei jedem Beschäftigten auch – die erforderliche Meldung selbst vorzunehmen.


3. Fremdpersonal – Statusfeststellung im Dreiecksverhältnis

Bei Einsatz von Fremdpersonal in Betrieben kommt es vor, dass mehr als zwei Parteien beteiligt sind. Das ist dann der Fall, wenn ein Dienstleister (Auftraggeber) dem Betrieb (Dritter) projektbezogen einen Spezialisten (Auftragnehmer) zur Verfügung stellt. In solchen Fällen kommt es nach der ständigen Rechtsprechung bei der Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit nicht nur auf die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer an. Hier sind auch die Rechtsbeziehungen zu betrachten, die den Einsatz des Auftragnehmers prägen, also auch die zwischen dem Dritten und dem Auftraggeber.

Der Dritte kann ebenfalls ein erhebliches Interesse an einer Klärung haben, z. B. wegen des Verbots der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung, der daraus resultierenden möglichen Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer und einer möglichen Haftung für den Sozialversicherungsbeitrag.

Hier ist künftig Folgendes möglich: Stellt die Deutschen Rentenversicherung Bund in einem Statusfeststellungsverfahren ein Beschäftigungsverhältnis fest, kann sie auch feststellen, ob dieses zu dem Dritten besteht.


4. Prognoseentscheidungen künftig bereits im Vorfeld möglich

Bisher wurde das Statusfeststellungsverfahren erst nach Aufnahme der Tätigkeit durchgeführt. Dies gründet darauf, dass für die Beurteilung, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, das gelebte Vertragsverhältnis entscheidend ist, sofern dies von den vertraglichen Vereinbarungen abweicht.

Dies bleibt im Grundsatz unverändert. Jedoch können die Beteiligten auf Antrag bereits vor Aufnahme der Tätigkeit durch eine Entscheidung Rechtssicherheit über den Erwerbsstatus erlangen. Dazu müssen aber die tatsächlichen Einsatzumstände bereits konkret beschrieben werden können.


5. Auch Gruppenfeststellungen künftig möglich

Werden mehrere Auftragsverhältnisse auf Grundlage einheitlicher Vereinbarungen durchgeführt, ist es bisher erforderlich, ggf. für jeden Auftrag eine Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status zu beantragen. Dies gilt nicht nur für Fallgestaltungen, bei denen eine Identität zwischen den Vertragsbeteiligten besteht (wie bei Rahmenverträgen zwischen einem Auftraggeber und einem Auftragnehmer), sondern auch dann, wenn ein Auftraggeber gegenüber unterschiedlichen Auftragnehmern im Wesentlichen einheitliche Bedingungen für eine Vielzahl von Auftragsdurchführungen vorgibt und diese dann auch weitgehend identisch umgesetzt werden sollen.

Um Bürokratie abzubauen und um umfassend Gewissheit über den Erwerbsstatus zu schaffen, wird die Gruppenfeststellung eingeführt. Durch die Gruppenfeststellung muss nicht jede Einsatzperson getrennt überprüft werden.

Gruppenfeststellung – mehrere gleiche Auftragsverhältnisse

Entscheidet die Rentenversicherung in einem Einzelfall über einen Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag auch gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von anderen Einsatzpersonen im gleichen Auftragsverhältnis.

Voraussetzung ist, dass die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und einheitliche vertragliche Vereinbarungen zugrunde liegen. Geringfügige Abweichungen fallen nicht ins Gewicht, z. B. hinsichtlich der Tätigkeit, der Höhe der Vergütung oder auch der Modalitäten.

Antragsrecht für die Gruppenfeststellung
Den Antrag für die Gruppenfeststellung kann der Auftraggeber stellen. In den Fällen, in denen ein Auftragnehmer mehrere gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber schließt, z. B. bei einem Rahmenvertrag, steht das Antragsrecht auch dem Auftragnehmer zu.

Gutachterliche Stellungnahme
Dadurch dass es sich lediglich um eine gutachterliche Stellungnahme handelt, fehlt die Bindungswirkung wie bei einem Bescheid. Das hat zur Folge, dass weder die DRV Bund noch andere Versicherungsträger an die gutachterliche Stellungnahme gebunden sind. Stellt z. B. ein anderer Versicherungsträger die Versicherungspflicht für das gleiche Auftragsverhältnis fest, tritt die Versicherungspflicht erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein. Der spätere Eintritt der Versicherungspflicht setzt voraus, dass der Beschäftigte sich für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge abgesichert hat. Diese Absicherung muss den Leistungen der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung entsprechen.


6. Inkrafttreten der Neuerungen

Die Neuerungen zum Statusfeststellungsverfahren treten zum 01.04.2022 in Kraft. Entscheidungen, die bisher zur Versicherungspflicht ergangen sind, gelten im Rahmen der bis zum 31.03.2021 geltenden Regelungen weiter.


StB Heidi Jonischkeit


Stand: 09.02.2022
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