Kein Verwertungsverbot wegen Fehlern beim Datenschutz

24. Aug 2023


Kein Verwertungsverbot wegen Fehlern beim Datenschutz

Das BAG hatte mit Urteil vom 29. Juni 2023 – 2 AZR 296/22 – über Verwertungsverbote bei offener Videoüberwachung zu entscheiden.

Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Arbeitnehmer war beim Arbeitgeber in einer Gießerei beschäftigt. Am Tor zum Werksgelände war eine gut sichtbare und durch ein Piktogramm ausgewiesene Videoüberwachung angebracht.
Durch Nachschau der Videos war zu sehen, dass der Beklagte das Werksgelände unter anderem am 02. Juni 2018 vor Schichtbeginn verlassen hatte.
Der Arbeitgeber war der Ansicht, dass es sich hierbei um Arbeitszeitbetrug handele (also die Arbeit in der Absicht nicht geleistet zu haben, sie gleichwohl vergütet zu bekommen) und kündigte das Arbeitsverhältnis am 05. Oktober 2019 fristlos, hilfsweise ordentlich fristgemäß, nachdem er über sein Hinweisgebersystem einen anonymen Hinweis erhalten hatte.

Der Arbeitnehmer erhob daraufhin Klage und machte geltend, die Videoüberwachung dürfe im Kündigungsschutzprozess nicht verwertet werden.
Während die Vorinstanzen der Klage stattgaben, urteilte das BAG, dass die Videoüberwachung im vorliegenden Fall keinem Verwertungsverbot unterliegt. Das Vorbringen des Beklagten zum Verlassen des Werksgeländes muss zugrunde gelegt und die Videoüberwachung in Augenschein genommen werden.
Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Videoaufzeichnungen über ein Jahr alt waren, wohingegen sie gemäß Hinweisschild nur 96 Stunden hätten vorrätig gehalten werden dürfen. Darüber hinaus ist nicht relevant, dass die Betriebsvereinbarung keine personenbezogene Auswertung der Daten der Videoüberwachung erlaubte.
Dies könnten zwar Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften darstellen. Ob die Videoüberwachung in jeder Hinsicht den datenschutzrechtlichen Vorgaben entspricht, ist im vorliegenden Fall jedoch unerheblich. Die DSGVO schließt keine Verarbeitung der Videoüberwachung durch Gerichte für Arbeitssachen aus. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die Datenerhebung offen erfolgte und vorsätzliches Verhalten des Arbeitnehmers in Rede steht.

Fazit:
Ein möglicher Datenschutzverstoß führt nicht automatisch zu einem Verwertungsverbot. Die widerstreitenden Interessen gilt es abzuwägen.
Datenschutz ist kein Täterschutz.

RAin Maria Gayer




Stand: 24.08.2023
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