Berechnung der Beteiligungsschwelle für Streubesitzdividenden

21. Sep 2023

Berechnung der Beteiligungsschwelle für Streubesitzdividenden

Mit Urteil vom 07.06.2023, I-R-50/19, stellt der BFH klar, dass der Begriff „Beteiligung“ bei der Berechnung der Beteiligungsschwelle des § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG für sog. Streubesitzdividenden (10%) auf die allgemeinen Grundsätze der steuerrechtlichen Zurechnung von Wirtschaftsgütern (§ 39 AO) Bezug nimmt. Entscheidend ist somit das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen.


Sachverhalt:

Klägerin war eine GmbH, die mit 9,898% an der Y-AG beteiligt war, Hauptaktionär war X. Am 16.12.2013 schloss die GmbH mit X einen Kauf- und Übertragungsvertrag über nicht verbriefte Stückaktien, hiernach war die GmbH dann mit 10,00425% an der Y-AG beteiligt. Der Kaufpreis war am 16.12.2013 fällig. Unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Zahlung des Kaufpreises trat X gemäß Kaufvertrag sämtliche Mitgliedschaftsrechte an den verkauften Aktien nach §§ 413, 398 BGB an die Klägerin ab. Der auf die Aktien entfallene Gewinn des laufenden Geschäftsjahres und etwaige noch nicht verteilte Gewinne früherer Geschäftsjahre sollten allein der Klägerin zustehen.

Die Y-AG stimmte der Übertragung der Aktien am 19.12.2013 zu.

Die Überweisung des Kaufpreises am 16.12.2013 schlug fehl. Sie erfolgte erst nach dem 01.01.2014.
Im Streitjahr 2014 bezog die Klägerin von der Y-AG für die Jahre 2012 und 2013 Dividenden. In der eingereichten Körperschaftsteuererklärung erklärte sie insoweit steuerfreie Bezüge i. S. d. § 8b Abs. 1 KStG und nicht abziehbare Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG.

Das Finanzamt war anderer Ansicht und lehnte die Anwendung des § 8b Abs. 1 KStG in voller Höhe ab, mit der Begründung, die Klägerin habe zu Beginn des Jahres 2014 noch nicht die Beteiligungsschwelle von 10% erreicht. Ein Einspruch blieb erfolglos.

Das FG München gab der Klage statt (Urteil v. 11.09.2019 – 7 K 2605/17), die Beteiligungsschwelle des § 8b Abs. 4 KStG sei bereits zu Beginn des Streitjahres 2014 erreicht, da die Klägerin zwar noch nicht zivilrechtliche, aber wirtschaftliche Eigentümerin der am 16.12.2013 erworbenen Anteile geworden sei, § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO.

Die Revision des Finanzamtes wurde unbegründet zurückgewiesen. Der BFH bestätigt die Entscheidung des FG München. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kommt es beim Erwerb von Aktien darauf an, ob der Erwerber eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtet Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann und ob die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte sowie die mit Wertpapieren verbundenen Kursrisiken und -chancen auf ihn übergegangen sind. Maßgebend ist aber letztlich, wem nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse die wirtschaftliche Dispositionsbefugnis zusteht.
Das zivilrechtliche Eigentum geht mit vollständiger Kaufpreiszahlung über. Im Sachverhalt wurde entgegen der Vereinbarung die Überweisung irrtümlich nicht mehr im alten Jahr durchgeführt, aber X hat sämtliche Mitgliedsrechte an die Klägerin übertragen (insb. auch Gewinnansprüche aus Vorjahren), wodurch die GmbH bereits wirtschaftliche Eigentümerin an den Aktien wurde.
Daher sollte in vergleichbaren Fällen genau darauf geachtet werden, wem welche Anteile und Rechte zustehen sollen oder nicht.


StBin Heidi Jonischkeit


Stand: 21.09.2023
Hinweis: Bei der Veröffentlichung handelt es sich um eine zusammenfassende Darstellung, die nur erste Hinweise enthält und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Die Veröffentlichung kann eine rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. Eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit kann nicht übernommen werden.


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