Krankmeldungen während der Kündigungsfrist

27. Nov 2023

Krankmeldungen während der Kündigungsfrist

Die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist das zentrale Instrument zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit von Arbeitnehmern. Dennoch gibt es Fälle, in denen der Arbeitgeber verständliche Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers hat und daher keine Entgeltfortzahlung gewährt. Dies führt gelegentlich dazu, dass der Arbeitnehmer sich mit einer Zahlungsklage vor den Arbeitsgerichten wehrt.

So auch in einem vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall:
Der Kläger war Arbeitnehmer bei der Beklagten. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 01. September 2020 fristgemäß zum 30. September 2020. Der Kläger arbeitete zunächst weiter und legte sodann für die Zeit vom 07. September 2020 bis zum 30. September 2020 zwei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor.
Die Parteien stritten über den Beweiswert der vom Kläger eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen:
Die Beklagte bezahlte weder Arbeitsvergütung noch Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, da sie bestritt, dass der Kläger arbeitsunfähig erkrankt sei. Der Kläger verlangte daher in einem Arbeitsgerichtverfahren Entgeltfortzahlung nebst Zinsen, da er aufgrund von Schmerzen die geschuldete Arbeitsleistung nicht habe erbringen können.

Das Bundesarbeitsgericht entschied mit Urteil vom 28. Juni 2023 – 5 AZR 335/22, dass dem Kläger die Entgeltfortzahlung nebst Zinsen zusteht.
Der Arbeitgeber kann den hohen Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur erschüttern, indem er tatsächliche Umstände darlegt und beweist, die ernsthafte Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers ergeben. Dies ist der Beklagten nicht gelungen.
Insbesondere ist dabei eine Kongruenz zwischen der Kündigungsfrist und der Dauer der insgesamt bescheinigten Arbeitsunfähigkeit nicht geeignet. Auch die weiteren Einwände der Beklagten, die konkrete Erkrankung (hier Schulterbeschwerden) führe nicht zur Arbeitsunfähigkeit betreffend die Tätigkeiten des Klägers und der Kläger habe seine Arbeitsunfähigkeit durch Fitnesstraining selbst verschuldet, wurden zurückgewiesen.

Fazit: Eine Erschütterung des Beweiswertes der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nur möglich, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die zu ernsthaften Zweifeln an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit Anlass geben, beispielsweise wenn während der Arbeitsunfähigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen gearbeitet wird.

Der Arbeitgeber steht jedoch nicht ohne Kontrollmöglichkeiten da.
Er kann von der Krankenkasse eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung von begründeten Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit verlangen.

RAin Maria Gayer




Stand: 27.11.2023
Hinweis: Bei der Veröffentlichung handelt es sich um eine zusammenfassende Darstellung, die nur erste Hinweise enthält und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Die Veröffentlichung kann eine rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. Eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit kann nicht übernommen werden.


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