15. Jan 2024
§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG vorläufig auch für Buchwertübertragungen zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften möglich
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit Beschluss vom 28.11.2023 (Az. 2 BvL 8/13) entschieden, dass § 6 V S. 3 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, soweit danach eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften zum Buchwert ausgeschlossen ist.
§ 6 V S. 3 EStG ermöglicht in bestimmten Fällen eine steuerneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern zum Buchwert und damit ohne Aufdeckung etwaiger stiller Reserven. Die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Personengesellschaften, an denen dieselben Gesellschafter im gleichen Verhältnis beteiligt sind (beteiligungsidentische Personengesellschaften – Schwesterpersonengesellschaften), wird jedoch in § 6 V S. 3 EStG nicht genannt.
Im Ausgangsverfahren veräußerte im Jahr 2001 eine gewerblich tätige GmbH & Co. KG zwei bebaute Grundstücke aus ihrem Gesamthandsvermögen an eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft. Diese Übertragungsvorgänge behandelte die KG steuerlich als erfolgsneutral, das Finanzamt hingegen berücksichtigte einen entsprechenden Gewinn durch vollständige Aufdeckung der in den übertragenen Grundstücken enthaltenen stillen Reserven. Die hiergegen gerichteten Einsprüche blieben erfolglos. Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab der Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hat der Bundesfinanzhof das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 6 V S. 3 EStG insoweit gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, als danach eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften nicht zum Buchwert möglich sei.
Das BVerfG führt in seinem Beschluss aus, dass eine Auslegung und auch eine analoge Anwendung der Vorschrift nicht möglich sei. Demnach erfolgt eine Prüfung anhand von Art. 3 Abs. 1 GG, ob die Vorschrift mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Verboten ist insofern auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen, vergleichbaren Personenkreis aber vorenthalten wird. Eine Unterscheidung derartiger Fälle darf der Gesetzgeber jedoch nur dann verfassungsgemäß treffen, wenn hierfür ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Ungleichbehandlung zugrunde gelegt werden kann. Maßstab hierfür ist stets der Grundsatz der Steuergerechtigkeit und die Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Sachlich einleuchtende Gründe für eine solche Ungleichbehandlung seien jedoch insgesamt nicht ersichtlich. § 6 V S. 3 EStG verstößt daher für die Fälle der Übertragungen von Wirtschaftsgütern auf Schwesterpersonengesellschaften gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Eine verfassungskonforme Rechtsfortbildung ist ebenfalls nicht möglich.
Das BVerfG gibt damit dem Gesetzgeber auf, rückwirkend für derartige Übertragungsvorgänge nach dem 31.12.2000 eine Neuregelung zu treffen. § 6 V S. 3 EStG in der Fassung des UntStFG bleibt bis zu deren Inkrafttreten mit der Maßgabe anwendbar, dass die Vorschrift auch für Wirtschaftsgutübertragungen zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nach dem 31.12.2000 gilt (PM Nr. 5/2024 vom 12.01.2024).
RA / StB Thomas Hesz
Stand: 15.01.2024
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