Junges dynamisches Team mit Benzin im Blut

06. Mär 2024

Junges dynamisches Team mit Benzin im Blut

Gemäß den Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) muss die Stellenausschreibung und Bewerberauswahl des Arbeitgebers frei von Diskriminierungen im Hinblick auf die Merkmale Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität sein. Dementsprechend verpflichtet das AGG den Arbeitgeber, Arbeitsplätze neutral auszuschreiben. Andernfalls drohen Entschädigungsansprüche.

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern urteilte am 17. Oktober 2023, Aktenzeichen 2 Sa 61/23, über Entschädigungsansprüche eines Bewerbers. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Ein Tankstellenbetreiber (Beklagter) verwendete in einer Stellenanzeige im Mai 2022 unter anderem die Formulierung „Wir sind ein junges dynamisches Team mit Benzin im Blut und suchen Verstärkung“. Daraufhin bewarb sich der damals etwa 50-jährige Bewerber (Kläger). Ihm wurde im Juni 2022 eine Absage erteilt. Dies veranlasste den erfolglosen Bewerber, im Klagewege unter anderem eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung nach AGG gegenüber dem Beklagten geltend zu machen.

Nachdem das Arbeitsgericht entschied, dass dem Bewerber keine Zahlungsansprüche zustünden, legte dieser Berufung ein.
Das Landesarbeitsgericht entschied sodann ebenfalls, dass dem Bewerber kein Anspruch auf Entschädigung zustünde. Der Beklagte habe nicht gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen. Die Stellenausschreibung sei nicht zwingend so zu verstehen, dass nur Menschen mit einem niedrigen Lebensalter gesucht würden.
Es handele sich bei der Formulierung nicht um die Darstellung von Anforderungen an einen potentiellen Bewerber, sondern vielmehr um eine überspitzte Beschreibung der zu besetzenden Stelle in ihrem Arbeitsumfeld. Die Adjektive „junges und dynamisches“ beschrieben das Team und bezögen sich zunächst nicht auf jedes einzelne Teammitglied. Mit den Adjektiven sei die sich noch in der Entwicklung befindliche Belegschaft ausdrucksvoll dargestellt worden.
Sofern die Formulierung dennoch die Assoziation von jungen dynamischen Teammitgliedern hervorrufen sollte, sei überdies zu bedenken, dass es keine allgemeingültige Definition von „jung“ gebe, dies ein relativer Begriff sei und hier auch der demographische Wandel zu berücksichtigen sei. Das Urteil führt sogar eine Befragung an, nach der die meisten Befragten eine andere Person über 70 Jahre als alt bezeichnet hätten, wobei mit höherem eigenem Lebensalter auch der subjektive Altersbegriff als höher empfunden worden wäre.
Darüber hinaus werde durch den Zusatz „Benzin im Blut“ verdeutlicht, dass keine ernsthafte Anforderung an einen Bewerber gemeint sei, sondern vielmehr eine nicht ernsthaft gemeinte, übertriebene, werbende und lustige Selbstdarstellung des Betriebs samt seiner Belegschaft.

Fazit: Wenngleich im vorliegenden Fall keine Entschädigung bezahlt werden muss, ist bei der Erstellung einer Stellenausschreibung Vorsicht geboten. Doppeldeutige Formulierungen sollten vermieden werden. Grammatikalische Feinheiten, die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Bewerbers und der Gesamtkontext sind zu berücksichtigen.

RAin Maria Gayer




Stand: 06.03.2024
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